Der Flugzeugbau in Wiener Neustadt begann zunächst bei der 1915 gegründeten Oesterreichischen Flugzeugfabrik AG (Oeffag) und wurde bis Kriegsende 1918 betrieben. Nach der von den Alliierten verfügten Einstellung der Flugzeugproduktion produzierte die Firma Autokarosserien für Austro Daimler. Im Jahre 1928 fusionierte die Oeffag mit Austro-Daimler und den Puch-Werken zur Austro-Daimler-Puchwerke A.G.; diese wiederum bildeten ab 1934 zusammen mit der Steyr-Werke AG die Steyr-Daimler-Puch AG, die im selben Jahr die Betriebsstätte in Wiener Neustadt stilllegte.
Die Wiener Neustädter Flughafenbetriebs GmbH wurde 1935 durch die österreichischen Jagdflieger des Ersten Weltkriegs Julius Arigi und Benno Fiala von Fernbrugg gegründet. Die Gesellschaft erwarb von Steyr-Daimler-Puch das stillgelegte Oeffag-Werk in der Wienerstraße. Als technischer Direktor wurde der ungarische Flugzeugkonstrukteur Ing. Arpad Lampich und als Werkspilot Julius Arigi eingestellt. Die Betriebsleitung übernahm Ing. Erich Meindl. Folgende Sportflugzeugtypen wurden gebaut:
Lampich L 9 (85 PS), NL XXI (95 PS), NL XXII (150 PS)
Bànhidi Gerle 16 (100 PS), Gerle 17 (100 PS), Gerle 18 (125 PS)
Meindl/van Nees „Kadett“ A VIIb (95 PS)
RWD-13S (polnisches Sanitätsflugzeug)
Ferner wurden dort auch Flugzeuge des österreichischen Bundesheeres gewartet.
Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich ging die Flughafenbetriebs GmbH in die Verwaltung des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) und wurde am 13. März 1938 von der Berliner Luftfahrtkontor GmbH als Treuhänderin übernommen, die sie in Wiener Neustädter Flugzeugwerke umbenannte.
Werksausbau und Betrieb bis zum 13. August 1943
Neben dem Werk I (Wiener Neustadt – Wienerstraße) wurden noch die Werke II (Wiener Neustadt – Pottendorferstraße), III (Fischamend), IV (Ober-Grafendorf) und V (Klagenfurt – ehemalige Tabakfabrik) betrieben.
Betriebsauslagerung und Zusammenbruch
Die Bedeutung des nunmehr größten Messerschmitt-Werks des Deutschen Reiches führte dazu, dass die WNF ein Hauptziel der United States Army Air Forces (USAAF) wurde. Insbesondere waren die Alliierten bald über die genauen Lagepläne der Produktionsanlagen informiert, denn es gelang der österreichischen Widerstandsgruppe rund um Kaplan Heinrich Maier exakte Pläne dem amerikanischen Office of Strategic Services beziehungsweise dem britischen Geheimdienst SOE zukommen zu lassen. In einem geheimen Untersuchungsbericht der Wiener Gestapo vom Juli 1944 heißt es dazu: „Im September 1943 beschlossen Maier und Messner, die wichtigsten Rüstungsbetriebe den Feindmächten preiszugeben, um einerseits einen Beitrag der österreichischen Widerstandsbewegung zum Sieg der Alliierten zu leisten und andererseits zu verhindern, dass die für friedensmäßige Erzeugung wichtigen Industrien und offenen Städte durch die feindliche Luftwaffe zerstört würden.“ Mit den Lageskizzen der Fabrikationsanlagen wurden den alliierten Bomber genaue Luftschläge ermöglicht.[1][2][3] Am 13. August 1943 erfolgte der erste Luftangriff alliierter Bomber auf österreichisches Gebiet, als 61 Consolidated B-24-Bomber der 9. US-Luftflotte von Stützpunkten in Nordafrika aus die WNF-Flugzeugwerke angriffen, wobei 181 Menschen ums Leben kamen und 850 verletzt wurden.[4] Dreißig Tote und 22 Verletzte im Werk direkt sowie 66 weitere Todesopfer im Umkreis forderte der zweite Angriff am 1. Oktober.[5] Insgesamt erfolgten 29 Bombenangriffe auf Wiener Neustadt, der letzte am 1. April 1945. Von 4.000 Häusern der Stadt waren an diesem Tag nur noch 18 unbeschädigt. Dem Flugzeugwerk selbst erging es nicht viel besser. Um die Fertigung aufrechtzuerhalten, wurde das Werk auf zahlreiche ober- und unterirdische Standorte von Kärnten bis nach Mähren aufgeteilt. Die größte Auslagerung befand sich in Markersdorf nahe St. Pölten, ein weiteres waren drei Eisenbahntunnel in Mähren unter dem Decknamen Diana.
Schon 1943 wurden umfangreiche Bunkeranlagen geplant, die unter dem Flugfeld errichtet werden sollten.
Werk I: Im Werk I erfolgte die Bf-109-Endmontage mit Teilen aus Werk II, so z. B. Motoreneinbau, Flügelmontage, Lackierung, Waffentests, Kompasseichung und der Einflug.
Werk II: Werk II wurde etwas südöstlich von Werk I in einer ehemaligen Motorenfabrik eingerichtet. Hier wurde Einzelteile wie Tragflächen, Rümpfe, Cockpits, Leitwerke usw. gefertigt und Baugruppen vormontiert.
Eigene Flugzeugtypen
WNF Wn 11
WNF Wn 15
WNF Wn 16