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Der Kegel-Flugzeugbau Kassel, Inhaber: Fritz Ackermann, war ein deutscher Hersteller von Segelflugzeugen. Max Kegel war nicht nur als erfolgreicher Segelflieger bekannt geworden, sondern auch durch die saubere Bauausführung seines ersten Segelflugzeugs, der Kegel 1. Etliche Flieger und Fluggruppen beauftragten ihn deshalb, für sie Segelflugzeuge zu bauen. Da er inzwischen über ausreichendes Kapital verfügte, entschloss sich Kegel Ende 1927, in Kassel den Kegel-Flugzeugbau zu gründen. Die Stadt Kassel unterstützte sein Vorhaben und stellte ihm in Kassel-Bettenhausen in der Sandershäuser Straße 80 geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung.

Da Kegel als Luftpolizist tätig war, konnte er den Betrieb nicht selbst führen. Deshalb setzte er als Inhaber den ihm gut bekannten Fritz Ackermann ein. Als begeisterter Segelflieger und Geldgeber wurde sein Kollege, Hauptmann Karl Knevels, stiller Teilhaber des Betriebes. Mit dabei war auch der Flugzeugschreiner Fritz Paul, der Kegel bereits auf der Wasserkuppe bei den handwerklichen Arbeiten unterstützt hatte.

Die Firma stellte im Lizenzbau die Baumuster "Zögling" und "Prüfling" sowie Teilesätze für diese Übungsflugzeuge der Rhön-Rositten-Gesellschaft (R.R.G.) her. In der bekannten Flugzeitschrift Flugsport wurden Annoncen geschaltet.

Die Auftragslage entwickelte sich so gut, dass man größere Räumlichkeiten benötigte. Im Norden von Kassel, im Ortsteil Ihringshausen, war die Aktiengesellschaft Hahn für Optik und Mechanik angesiedelt. Diese Firma für Theodoliten und Filmprojektoren hatte ein Sicherheitsschloss entwickelt und hergestellt, das von der Firma Zeiss-Ikon übernommen und dann in Berlin produziert wurde. Es wurde als Zeiss-Ikon-Schloss mit Mäanderkranz in aller Welt bekannt und war die Basis für moderne Schließtechniken.

Der Absatz der AG Hahn war zurückgegangen und ein großer Hallenanbau stand leer. Die Räumlichkeiten und genügend große Freiflächen neben den Gebäuden erschienen Ackermann und den Teilhabern für den Flugzeugbau geeignet.

Im Frühjahr 1928 zog das kleine Unternehmen nach Ihringshausen um. Max Kegel entwarf ein Hochleistungssegelflugzeug, die Kegel 2, und der frei arbeitende 28-jährige Diplom-Ingenieur Emil Arnolt rechnete die Maschine durch. Arnolt war nach seinem Maschinenbau-Studium an der Technischen Hochschule Hannover im März 1926 nach Kassel gekommen.

Die Auftragslage entwickelte sich gut. Neben der Herstellung von Übungsflugzeugen begann man mit dem Bau der Kegel 2. Das Segelflugzeug "Professor", von Alexander Lippisch konstruiert, ging als Lizenzprodukt in Serie.

Die Bestellungen entwickelten sich ab 1929 weiter positiv. Zusätzliches Personal wurde eingestellt und eingearbeitet. Die Belegschaft war nun auf ungefähr 30 Mitarbeiter angewachsen. Fritz Ackermann war inzwischen zum Bauprüfer für Segelflugzeuge bestellt und der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) genannt worden. Arnolt arbeitete weiterhin für das Unternehmen und machte Entwürfe für neue Segelflugzeuge. Es entstanden die Kegel 3 und der Doppelsitzer KFK 3. Etliche Leistungsflieger gaben neue Segelflugzeuge in Auftrag, wie beispielweise der bekannte Segelflieger Robert Kronfeld seine Wien. Für den Niederhessischen Verein für Luftfahrt baute man die "Elida", eine Kegel 3. Selbst komplizierte mechanische Teile und Baugruppen konnten in dem Betrieb angefertigt werden. Kegel und Ackermann hatten mit der Ansiedelung ihres Unternehmens in Kassel eine gute Wahl getroffen. In der Stadt und in Nordhessen lebten Handwerker, die in der Lage waren, feinmechanische Arbeiten in höchster Präzision auszuführen. Diese Mechaniker hatten sie aus dem ehemaligen Hahn’schen Betrieb übernommen.

Außerdem war ein Katalog erschienen, der neben dem breiten Spektrum von Serienmaschinen den Hinweis auf Einzelanfertigungen für den Leistungsflug zeigte.

Erich von Knüpffer, der beim Raab-Katzenstein Flugzeugwerk seine Stelle verloren hatte, wurde als Betriebsleiter eingestellt. Er machte Gerhard Fieseler auf den Kegel-Flugzeugbau, Kassel aufmerksam. Fieseler beteiligte sich daraufhin ab Mitte 1929 am Unternehmen und begann, den Umwandlungsprozess vom Handwerksbetrieb hin zu einer Serienfabrikation einzuleiten. Er stellte fest, dass die finanzielle Lage des Unternehmens alles andere als gut war. Trotzdem behielt er das Interesse an dem Betrieb und dem hervorragenden Mitarbeiterstamm und nahm immer größeren Einfluss auf das Geschäftsgeschehen.

Fieseler war dank seiner Einnahmen aus dem Kunstfluggeschäft wohlhabend geworden. Durch seine Kontakte zur Motorsportfliegerei in Großbritannien erfuhr er, dass sich dort die Segelfliegerei mitten in einer Aufbruchsstimmung befand. Die Zeitung Daily Express kaufte beim Kegel-Flugzeugbau einen Doppelsitzer KFK 3 und ein Leistungssegelflugzeug des Typs "Professor".

Außerdem wollte man einen Piloten zur Vorführung der Segelflugzeuge auf Flugtagen gestellt bekommen. Fieseler konnte den damals schon bekannten Leistungsflieger Karli Magersuppe dafür gewinnen, nun für ihn zu arbeiten. Der 22-jährige Karli sollte nach Fertigstellung der beiden Flugzeuge mit nach England reisen.

Ohne Fieselers finanzielle Unterstützung hätte der Betrieb nicht überleben können.Die Weltwirtschaftskrise machte sich in Deutschland 1930 stark bemerkbar. Es gab Anfang des Jahres bereits 3,1Millionen Arbeitslose. Diese Situation ließ die Auftragseingänge zurückgehen, besonders die von Vereinen. So war der kleine Segelflugzeugbau gezwungen, das Personal abzubauen.

Anfang des Jahres, vielleicht auch früher, muss es die ersten Gespräche zum Bau eines 30-Meter-Segelflugzeugs, der Ku 4, mit Robert Kronfeld gegeben haben, bei denen auch Kegel anwesend war. Dieses Vorhaben wurde von der Rhön-Rositten-Gesellschaft unterstützt. Da Fieseler bereits die Entscheidungen für das kleine Unternehmen fällte, kam es zur Auftragsannahme des Projekts.

Fieseler hatte den Walter-Motor seiner Tigerschwalbe, D-1616 nach einer Gesamtbetriebszeit von 39:05 Stunden beim Hersteller überprüfen lassen. Der Sternmotor wies keinerlei Mängel auf und lief einwandfrei. Danach erteilte er seinem zukünftigen Betrieb den Auftrag, die Zelle der Maschine zu überholen und dabei zu modifizieren.

Die Einnahmen des Unternehmens gingen weiter zurück und mit dem 31. März 1930 endete die Eigentümerschaft von Fritz Ackermann am Kegel-Flugzeugbau Kassel durch den Verkauf an Gerhard Fieseler.

Max Kegel und Karl Knevels gingen weiterhin ihrer Tätigkeit als Luftpolizisten auf dem Flugplatz Kassel-Waldau nach.