Der Erfolg des zweimotorigen Wal und des viermotorigen Superwal in den zwanziger Jahren war für Dornier der Anlass,
um die inzwischen mit der Do X gesammelten Erfahrungen auf ein neues Verkehrsflugboot anzuwenden. Die Do S sollte
ein moderner, größerer Nachfolger der Wale werden, und auf dem 12. Aero-salon Paris hoffte Dornier, erste Kunden zu
finden. Schon wenige Wochen nach ihrem Erstflug am 23. September 1930 flog die Do S entlang des Rheins nach
Amsterdam und weiter dem Lauf der Maas
folgend nach Paris, wo sie auf der Seine wasserte. Nach Demontage der Außenflügel wurde das Flugboot zum
Aerosalon transportiert, der damals noch im Grand Palais mitten in der Stadt stattfand. Nach der Ausstellung startete die
Do S von der Seine aus zu Vorführungsflügen und fand sehr viel Beachtung.
Aber die Hoffnungen waren verfrüht, weder die Lufthansa noch andere Kunden konnten sich zum Kauf entschließen,
so dass der bereits begonnene Bau von zwei weiteren Exemplaren gestoppt wer- den musste. Zu diesem Misserfolg hat
auch die damalige Weltwirtschaftskrise beigetragen, die auch die Luftfahrtindustrie erheblich beeinträchtigte. Der
Prototyp der Do S wurde 1933 schließlich vom Reichsluftfahrtministerium übernommen und der
Deutschen Verkehrsfliegerschule (DVS) in List auf Sylt übergeben. Wenige Jahre später machte das Flugboot auf der
Ostsee Bruch und musste abge-schrieben werden. Schon das äußere Erscheinungsbild der Do S zeigte die enge
Verwandtschaft mit der Do X: Auffällig ist vor allem die räumliche Trennung der Besatzung von den Fluggästen. Die
vierköpfige Besatzung war wie in der großen Schwester in einem Oberdeck untergebracht, das über eine Leiter aus dem
Hauptdeck erreichbar war. Hinter dem Führerraum mit Doppelsteuer lagen die Arbeitsplätze des Navigators, des
Maschinisten und des Funkers. Vom Maschinistenraum aus wurden die vier Triebwerke Hispano-Suiza mit je 600 PS
überwacht, und durch eine verschließbare Luke in der Flügeloberseite und Leitern waren die Motoren auch während des
Fluges erreichbar. Die Vierblatt-Dornier-Holzluftschrauben waren zweiteilig, und die beiden Doppel-Trieb- werksgondeln
mit Zug- und Druckschrauben waren mit einem „Oberflügel" verbunden, der etwa ein Drittel der Spannweite des
Hauptflügels hatte. Zur Verminderung der Brandgefahr waren die Tanks mit einem Fassungsvermögen von insgesamt
3500
Litern nicht im Rumpf oder in den Flügeln, sondern in den Flossenstummeln untergebracht.
Diese für fast alle Dornier-Flugboote typischen, seitlich am Rumpf montierten Schwimmkörper ga- rantierten
gegenüber den ansonsten bei Flugbooten üblichen, an den Unterseiten der Außenflügel montierten Stützschwimmem
eine besonders weiche und stetige Zunahme der Stabilität bei Schräglagen auf dem Wasser und eine ausgezeichnete
Dämpfung der Rollbewegungen. Sie waren gemeinsam mit dem flachen, längs- und quergestuften Bootsboden und dem
typischen Kielkasten hinter der Stufe ein Markenzeichen der Dornier-Flugboote, die für ihre ausgezeichneten See-
Eigenschaften berühmt ge- worden waren.
Nicht ohne Grund wurden diese Flossenstummelauch „Unterflügel" genannt. Denn Dornier hatte Anfang der dreißiger
Jahre einen Patentstreit mit der Firma Rohrbach auszutragen, die in der Do X und Do S eines Verletzung ihres Patents
auf die Bauart als Eindecker-Schulterdecker mit über dem Tragwerk liegenden Motoren sah. Im Laufe dieses
Rechtsstreites konnte Dornier aber nachweisen, dass die Bootsstummel zum Gesamtauftrieb beitragen und deshalb
beide Flugboot-Typen nicht als Ein- decker, sondern als Eineinhalbdecker einzustufen seien. Das Gericht folgte diesem
Argument, so dass dieser Rechtsstreit zugunsten von Dornier entschie- den wurde.
Im Hauptdeck befanden sich vorne hinter dem Bug der Kollisions- und Ankerraum, dahinter lagen eine Kabine für 12
Passagiere und der Einstiegsraum, dann folgten die Toilette, ein Bibliotheks-schrank und die Bordapotheke, und
dahinter eine weitere Kabine für 10 Passagiere. Bei enstprechend vermindertem Komfort konnten statt 22 aber auch
insgesamt 30 Fluggäste befördert werden.
Die Bauweise folgte den bei Dornier bewährten Prinzipien. Hochbeanspruchte Teile wie Beschläge oder auch die
Leitwerksholme bestanden aus Stahl, ansonsten wurde für alle tragenden Teile Duraluminium verwendet. Der Rumpf
bestand aus einer Glattblechkonstruktion, die innen durch Spante und außen durch Längsprofile versteift war. Mit
Ausnahme des Bereichs unter den Triebwerken war der gesamte Flügel aus Gewichtsgründen stoff- bespannt. Die
Quer- und Höhenruder wurden ähnlich wie bei der Do X - durch Hilfsruder entlastet (man nannte sie „Gartenbänke"), die
Höhenflosse war verstellbar. Zwei Nebenruder am Seitenleitwerk dienten der Trimmung bei einseitigem Motorausfall.
Die erfolglose Do S stand ganz im Schatten ihrer großen, berühmten Schwester Do X und war bald vergessen. Der
Wal dagegen, den die Do S eigentlich ablösen sollte, blieb mit ständigen Weiterentwicklungen bis weit in die dreißiger
Jahre hinein das erfolgreichste Flugboot seiner Zeit.