Vom .Deutschlandflug 1934, 21. bis 24. Juni.
Der vom Deutschen Luftsport-Verband veranstaltete „Deutschlandflug 1934" sieht in seiner Ausschreibung gegenüber dem vorjährigen Wettbewerb insofern eine wesentliche Aenderung vor. als diesmal nur Flugzeuge in geschlossenem Verbände von 3 bis 7 Maschinen, Einzelnennungen überhaupt nicht zugelassen sind. Es ist Absicht des Veranstalters, durch diese Ausschreibungsbestimmung den Grundsatz des neuen Luftsports in die Tat umzusetzen, Gemeinschaftsleistungen, also Kameradschaft vor Einzelleistungen zu stellen. Trotz der Schwierigkeit des Fliegens im geschlossenen Verbände gegenüber dem Einzelflieger ist die Strecke des diesjährigen Wettbewerbes noch vergrößert worden. Trotzdem soll der Zweck des Wettbewerbes nicht Erreichung von Höchstleistungen sein, sondern eine Prüfung von Flugzeugen und Mannschaft. So sind auch für die Orter der einzelnen Flugzeuge besondere Aufgaben gestellt, die in die Auswertung des Wettbewerbes einbegriffen sind. Flugzeuge, Führer und Beobachter sollen also in diesem Wettbewerb auf eine harte Probe gestellt werden.
Bis zum 20. 6, 15 Uhr, haben sämtliche Teilnehmer auf dem Ausgangspunkt des Wettbewerbes, dem Flughafen Berlin-Tempelhof ein» zutreffen. Alle
Wettbewerbsflugzeuge werden auf dem Flughafen im Freien aufgestellt, das Verankerungsgerät und Abdeckplanen sind von den Wettbewerbsteilnehmern mitzubringen.
Für die Unterbringung der Besatzungen und des Hilfspersonals wird in der Nähe des Flughafens Berlin-Tempelhof ein Gemeinschaftslager errichtet. Für jedes gemeldete
Flugzeug können je 2 Mann Besatzung und 1 Mann Hilfspersonal kostenlos Wohnung in diesem Lager erhalten. Um 17 Uhr findet auf dem Flughafen Tempelhof eine große Wettbewerberbesprechung statt, auf der der Führer des deutschen Luftsports, Präsident Loerzer, den Wettbewerbsteilnehmern die letzten Anweisungen zur Durchführung des Fluges erteilt. Die Wettbewerbsleitung liegt in den Händen des Vizepräsidenten des Deutschen Luftsport-Verbandes Baur de Betaz und des Leiters der Abteilung Wettbewerb Hübner. Am 21. 6., 3.15 Uhr, beginnt dann der große Streckenflug, der die teilnehmenden Flugzeuge über eine Strecke von insgesamt 4701 km fuhrt. Die Strecke ist eingeteilt in 4 Tagesetappen, Ausgangspunkt und Landung der Flugzeuge an jedem Tage auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof. Der 1. Streckenflugtag geht über Stettin - Danzig - Königsberg - Stolp - Greifswald nach Berlin, der 2. Streckenflugtag nach Schlesien über Görlitz - Neiße - Breslau - Guben zurück nach Berlin-Tempelhof, der 3. Streckenflugtag über Goslar-Oldenburg Hamburg nach Flensburg und über Kiel - Schwerin zurück und der letzte am 24. 6. über Bayreuth - Reichenhall - Berchtesgaden - München - Bamberg - Berlin.
Nach der Landung der Maschinen am 24. 6. abends findet der Wettbewerb seinen Abschluß. Die bisher beim Präsidium des Deutschen Luftsport-Verbandes eingegangenen Meldungen sehen eine Teilnehmerzahl von insgesamt 120 Flugzeugen vor. Trotz der erheblich schwierigeren Bedingungen ist die Teilnehmerzahl gegenüber dem Vorjahre die gleiche geblieben.
1. Wettbewerbstag. 21. 6.
Die Starterliste verzeichnete 9 Verbände zu 3 Flugzeugen, 2 zu 4, 6 zu 5 und 6 zu 7 Flugzeugen.
Am 21. Juni, 3.15 Uhr, meldete Präsident Loerzer dem Staatssekretär der Luftfahrt, Milch, 107 deutsche Sportflugzeuge zum Deutschlandflug klar.
Hierauf senkte sich die Startflagge, und in kurzen Abständen wurden die 107 Flugzeuge auf die 1500 km lange Tagesetappe gestartet. Startzeit ca. 2 Std.
Die erste Staffel Braunschweig traf bereits 4.10 Uhr in Stettin ein.
Flugzeugführer Vollbracht und Orter Koch stürzten bei Hohen-schönau, Kreis Naugard. tödlich ab. Sie gehörten zu der Staffel Gerner II Rb/60 R, D-EVUT
Um 9.30 Uhr waren bereits sämtliche Staffeln nach Altenstein gestartet.
Die Fliegerstaffel Münster gab in Greifswalde ihren Weiterflug auf. Als 1. Staffel landeten in Tempelhof die Hannoveraner um 16.30 Uhr.
2. Wettbewerbstag. 22. 6.
Für den 2. Flugtag Freitagmorgen war der Start auf 7 Uhr festgesetzt.
Es starteten von 7-8.20 Uhr 93 Flugzeuge, und zwar 9 Verbände zu 3, 3 zu 4, 4 zu 5, 1 zu 7 und 4 zu 7 Flugzeugen.
Die Siebener-Staffel der Ortsgruppe Niederrhein ist zur Schlesienstrecke nicht gestartet.
Während auf der verhältnismäßig langen ostpreuß. Strecke am 21. 6. keine Orteraufgaben ausgeschrieben waren, wurden den Flugzeugbeobachtern am 21. 6. ein großer
Teil ihrer im Laufe des Wettbewerbes zu erfüllenden Aufgaben bekanntgegeben. Der Beobachter jedes einzelnen Flugzeuges im Verbände hatte 14 an schwierigen Stellen
ausgelegte Sichtzeichen nach Form, Richtung und Lage auf einen Meldezettel aufzuzeichnen und diesen in einem Meldebeutel über der Ziellinie des nächsten
Zwangslandeplatzes abzuwerfen. Um zu verhindern, daß bei der Suche dieser Sichtzeichen sich zu viele Verbände an der gleichen Stelle aufhielten, wurden die
Orteraufgaben in 3 Gruppen auf die einzelnen Verbände verteilt, so daß insgesamt dreimal vierzehn, also 42 verschiedene Sichtzeichen ausgelegt waren.
Auf der Strecke zwischen Hirschberg und Neiße waren für jeden Verband 8 Orteraufgaben gestellt, die besonders im Riesengebirge an den Abhängen schwer zu finden
waren, zwischen Glogau und Guben hatte jeder Verband 3 Sichtzeichen in den dort liegenden Waldungen und zwischen Guben und Berlin an den Berliner Seen abermals je 3 zu finden.
Die Verbände trafen auf ihrer Strecke größtenteils gutes Wetter und nur an einzelnen Stellen Regen und schlechtere Sicht. Der starke Südwestwind mit Böen bis zu 13 m/Sek. erschwerte das Fliegen im Verbände besonders bei den stärkeren Einheiten sehr; trotzdem flogen alle in mustergültiger Formation die gesamte Strecke ab. Durch Ausfall je einer Maschine wurde die Stärke der Verbände D5 von .5 auf 4 Flugzeuge, A 2, B 1 und C von je 3 auf je 2 Flugzeuge verringert. Diese Verbände fliegen also nun unter den ihrer jetzigen Stärke entsprechenden Bedingungen weiter.
Als erste Verbände landeten in Berlin die Bayern mit 3 Flugzeugen mit der Wettbewerbsnummer A3 um 15.00 Uhr, die Hannoveraner mit 3 Flugzeugen mit der Wettbewerbsnummer B 4 um 15.39 Uhr und die Bremer mit 5 Flugzeugen mit der Wettbewerbsnummer D2 um 16.15 Uhr.
3. Wettbewerbstag. 23. 6.
Start 5 Uhr bei strahlender Morgensonne 21 Verbände in je 3 Minuten Abstand nach Goslar, Bielefeld, Quakenbrück, Oldenburg, Hamburg, Flensburg, Kiel, Schwerin, Berlin. Nach Ausfall der 4 Flugzeuge auf der gestrigen Tagesstrecke umfassen diese 21 Verbände nunmehr insgesamt 89 Flugzeuge: mit je 2 Flugzeugen A2, B 1 und C2 mit je 3 Flugzeugen A 3, B 2, B 3, B 4, B 5 und D3, mit je 4 Flugzeugen C 1, D4, D8 und D 5, mit je 5 Flugzeugen D1, D2 und D 7, mit 6 Flugzeugen G 1, mit je 7 Flugzeuger G 2, G4, G 5 und G 6.
Auch auf dieser Strecke hatten die Flugzeugbeobachter eine Reihe von Orteraufgaben zu lösen. Auf der Strecke Oldenburg-Kiel waren 500 m südlich Bülker Leuchtturn und 500 m östlich Laboe Sichtzeichen ausgelegt, und zwischen Kiel und Berlin vier v/eitere. Jeder Flugzeugbeobachter der 21 Verbände hat also 6 Orteraufgaben zu lösen.
Sämtliche Staffeln hatten bereits 8.30 Uhr Goslar passiert. Um 9 Uhr erreichte die 1. Staffel Oldenburg, v/o Ministerpräsident Göring Landung und Start beobachtete. 15.05 Uhr landete als 1. die Dreierstaffel BFW Fliegeruntergruppe 2 Oberbayern. Aus dem Braunschv/eiger Verband B 1 stürzte in der Nähe von Melle bei Bielefeld Wiwevel mit Haaris ab, letzterer tödlich.
4. Wettbewerbstag. 24. 6.
Es starteten 92 Flugzeuge.
Die 4. Strecke nach Bayern wurde als die schwierigste angesehen. Wider Erwarten wurde die Strecke ohne Zwischenfälle überwunden. Bei Bayreuth gab es allerdings einige Ausfälle durch Notlandungen. Bereits um 13.15 Uhr traf die erste Zweierstaffel Geyer in Tempelhof ein. den dritten Platz belegt.
Besonders gewertet wurde weiterhin das Verbandsfliegen der
einzelnen Staffeln. Zu diesem Zwecke waren an 26 Punkten Beobachtungsstellen eingerichtet, die über das geschlossene Fliegen im Verbände zu urteilen hatten. Nach
den eingegangenen Beurkundungen ergibt sich für das Verbandsfliegen folgende Bewertung:
1. B4 Flg.-Ortsgr. Hannover
2. G4„Untergr. Eßlingen
3 .D7„Untergr.Oberschles.
4. G5„Ortsgr. Mannh.-L
5 .B5„Untergr. Hess.-Dst.
6. A3„Unterg. Oberbayern
7. A2„Untergr. Berlin
8  D1„Untergr. Berlin
9. D2„Ortsgr. Bremen
10. B3„Untergr. Berlin
11.G1 Ortsgr. Danzig-Lgf.
12.G2„Ortsgr. Königsberg
13.D8„Ortsgr. Hambg.-Alt.
14.G3„Untergr. Ruhr-Nrh.
15.D3„Untergr. Berlin
16.C1 Untergr. Berlin
17.G6„Untergr. Berlin
18.D5„Untergr. Dresden
19.C2„Ortsgr. Osnabrück
20 B2.e:Ortgr. Magdeburg
21.D4„   Untergr. Düsseldorf
Ergebnis
Teilnehmer
Flugzeuge
Punkte
1
B4   Flg.-Ortsgr. Hannover
3 Klemm L 25 d VIIR HM60R
1361
2
Q4   Untergr. Eßlingen
7 Klemm L25d VIIR HM60R 
1304
3
D7   Untergr. Oberschles.
5 Klemm L 25 d VIIR HM 60 R
1292
4
Q5   Ortsgr. Mannh.-L 
7 Klemm L 25 d VIIR HM 60 R
1258
5
B5   Untergr. Hess.-Dst.
3 Klemm L25d VIIR HM 60 R 
1256
6
A3   Untergr.Oberbayern  
3 BFVV M 27b Argus As 8 III
1224
7
A2   Untergr. Berlin
2 Klemm KL 32a SH 14a                  
1213
8
D1   Untergr. Berlin 
5 Focke-Wulf FW 44d SH 14a
1201
9
D2   Ortsgr. Bremen  
5 Focke Wulf FW44d SH 14a
1169
10
D3 Untergr. Berlin
3 Fieseier F5 R HM 60 R 
1169
11
Q1   Ortsgr. Danzig-Lgf.
6 Fieseier F5 R HM 60 R
1151
13
Q2  Ortsgr. Königsberg
6 Heinkel He 72 D SH 14a 
1137
12
D8   Ortsgr. Hambg.-Alt
3 Klemm L25d VII HM 60 
1118
14
B3   Ortsgr. Berlin
3 Klemm L 25 d VIIR HM 60 R 
1092
15
C1    Untergr. Berlin
4 Klemm L 25 IIa SH 13a  
1054
16
G6  Untergr. Berlin
7 Klemm L 25 d VII HM 60
1010
17
D5   Untergr. Dresden
3 Junkers Junior A 50 SH 13a
1008
18
C2   Ortsgr. Osnabrück
2 Klemm L25d VII HM 60     
970
19
B2   Ortsgr. Magdeburg
3 Klemm L 25 d VII R HM 60 R 
958
20
D4   Untergr. Düsseldorf
4 Rheinl.-Schwalbe FR2 SH 14a
862