eine besondere Art von Flugsicherung geschaffen werden. Dies geschah in Zusammenarbeit mit der bewährten Organisation der Shell. In größeren Abstanden wurden auf der Rekordstrecke Beobachtungsposten eingesetzt. Das Flugzeug sollte sich über jedem durch Abschießen eines grünen Doppelsternes bemerkbar machen. Der Beobachtungsposten halte seine Wahrnehmung sofort an den Startort zurückzumelden. Für den Fall, daß die Maschine überfällig wurde, konnte die Zentrale vom letzten Wahrnehmungsort aus konzentriert und schnell eine umfassende Such- und Hilfsaktion einleiten. Die Flugsicherungsorganisation arbeitete planmäßig. Sie wurde allerdings bis auf die Weitergabe der Meldungen nicht In Anspruch genommen. Die Nachrichtenübermittlung erfolgte auf funkentelegraphischem Wege. Die Beobachtungsposten erhielten die Startmeldung und konnten sich su ausrechnen, zu welcher Zeit sie die Maschine ungefähr überfliegen würde.
Die Wetterberatung erfolgte zentral durch die Seewarte Hamburg unter persönlicher Leitung von Professor Dr. Seilkopf. Die Großwetterlage wurde für die Zeit um die Jahreswende als einigermaßen günstig festgestellt. Die Wetterberichte über die gesamte Rekordstrecke sollten über die Seewarte laufend geschlossen zum Startort Tripolis gegeben werden. Auch diese Disposition arbeitete programmäßig.
Weitere wichtige Vorkehrungen
Der nationale und internationale Verkehr mit dem privaten Reiseflugzeug ist an sich heule eine Angelegenheit, die nach wohlgeordneten Regeln sehr einfach abläuft. Trotzdem wird es verständlich sein, daß für einen Flug, wie ihn die Ar 79 durchführen sollte, viele Vorkehrungen getroffen werden mußten. Einige Zahlen können das veranschaulichen. Die Maschine legt insgesamt ungefähr 55 000 km zurück. Sie überfliegt dabei nacheinander vier Erdteile und ungefähr dreißig verschiedene Hoheitsgebiete. Ein Rekordversuch über 6000 km ohne Zwischenlandung ist eingelegt. Andere Etappen führen einige Male über offene Seestrecken von mehr als 1000 km Länge. Auch auf der Weiterreise- nach dem Rekordilug sollen Entfernungen bis zu 3000 km ohne Zwischenlandung zurückgelegt werden.
Zwei Monteure, einer von Arado und einer von Hirth, wurden nach Tripolis geschickt, um bei der Vorbereitung des Starts zum Rekordflug eine eingeschulte Mannschaft zur Verfügung zu haben, die sich mit Motor und Flugzeug völlig auskannten und die Besatzung bei den Vorbereitungen entlasten konnten. Ein zweiter Monteur der Arado-Flugzeugwerke reiste mit einigen Ersatzteilen, z. B. einem Fahrwerksbein, Bereifungen usw. nach Bangkok für den Fall, daß unterwegs Reparaturen notwendig werden sollten. Die siamesische Hauptstadt erschien der Lage nach zweckmäßig, da sie ungefähr in der Milte der Gesamtstreeke liegt. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß selbst heutzutage ein Kraftwagen kaum 50000 km zurücklegt, ohne daß gewisse Reparaturen oder Instandsetzungsarbeiten erforderlich werden, wird diese Vorsichtsmaßregel erklärlich. Der Monat Dezember 1938 brachte Libyen erhebliche Regenfälle. Sie hatten zur Folge, daß der Flugplatz Tripolis für den Start zum Rekordflug ungeeignet zu werden drohte. In Reserve wurde daher Bengasi ausersehen.
Der Start im Morgengrauen
Buchstäblich in letzter Minute vor dem Start in Brandenburg mußte dann tatsächlich Bengasi gewählt worden. Abends gegen 10 Uhr wurde der Entschluß zur Verlegung gefaßt. Am nächsten Morgen ging es los. Ab 5 Uhr früh schon waren alle Beteiligten am Werk. Die Maschine wurde getankt, noch einmal poliert und kontrolliert. Sogar das Fahrwork prüfte man noch durch, indem man die D-EHCR auf-bockte. Dann rollte sie. auf den Platz, wo eine große Anzahl Werksangehöriger, Wochenschaugesellschaften, Fernsehsender und Presse-leute dem Startereignis beiwohnen wollten. Es war bitter kalt, un- gefähr 15 Grad unter Null, als die Arado 79 D-EHCR bei Tagesanbruch Brandenburg verließ. Einer hatte als letzten Gruß und als Talisman noch ein Winterhilfsabzeichen hineingehängt.
1. Etappe: Brandenburg - München - Bozen
13.33 Mir: Zwischenlandung in München zur Zollabfertigung. 14.34 Uhr Start nach Bozen. Der Tag ist kurz, die Dämmerung bricht früh an. Trotz dieser Umstände und der großen Kälte will die Besatzung aber das vorgesehene Etappenziel erreichen. Alpenüberquerung am Brenner. Tiefhängende Wolken, Bergspitzen verhangen. Eisbildung am Flugzeug. Von den Flächen spritzen ab und zu Eisstücke ab und fliegen mit leichtem Knall gegen das Leitwerk. 16.40 Uhr trifft die Maschine zur Uebernachtung in Bozen ein. Herzlicher Empfang durch italienische Fliegerofficiere.
2. Etappe: Bozen - Brindisi
Das Wetter hat sich leider sehr verschlechtert. Sicht kurz und Wolkenhöhe niedrig. Das viermotorige Verkehrsflugzeug der Afrika-linie muß seinen Flug abbrechen. Pulkowski und Jenett, kommen dagegen mit der Ar 79 durch und landen nachmittags planmäßig in Brindisi: kleine süditalienische Hafenstadt, die als Ausgangspunkt vieler Schiffahrtslinien Bedeutung besitzt.
3. Etappe: Brindisi - Bengasi
Leider weitere Wetterverschlechterung, Wolken beinahe aufliegend. Allgemein wird Pulkowski und Jenett vom Start abgeraten, und als sie sich doch dazu entschließen, erwartet Brindisi fest ihre Umkehr. Die Ar 79 fliegt indessen über die breiteste Stelle des Mittelmeeres, Flughöhe durchweg 5-30 m. Es gelingt ihr. durchzukommen. Nachmittags stößt sie auf die nordafrikanische Küste, fliegt an dem breiten Rand der großen Straße, dir die ganze Nordküste Afrikas verbindet, entlang nach Bengasi.
Die Monteure sind inzwischen von Tripolis nach Bengasi umdirigiert worden. Aber erst nach einigen Tagen können sie Bengasi erreichen. Der Flugplatz liegt ziemlich entfernt von der eigentlichen Stadt. Die Ar 79 erregt bei dem italienischen Militär des Flughafens und den Leuten der Ala Littoria großes Aufsehen. Am Abend vor dem Start wird die Besatzung vom Kommandanten Sorrentino und dessen Gattin, die aus München stammt, zu einem Abschiedsessen eingeladen.
4. Etappe: Bengasi - Gaya: Rekordetappe !
Am 29. Dezember 1938 geht es dann los. Nachmittags wird die Maschine his zum äußersten vollgetankt. Die Barographen werden angestellt. Offiziere und Mannschaften des Militärtlughafens, der italienischen Luftverkehrsgesellschaft und viele Einwohner Bengasis haben sich eingefunden. Man kann schon sagen, daß der ganze Ort den Start der Maschine mit Spannung erwartet. Der Abflug war von vornherein auf den späten Nachmittag festgelegt worden. Auf diese Weise war es möglich, Start und Landung bei planmäßigem Gelingen des Fluges bei Helligkeit durchzuführen. Die Resatzung stand vor der Aufgabe, einen Nachmittag, eine Nacht, einen Tag. wieder eine Nacht durchzufliegen und in den Vormittagsstunden in Indien zu landen. Statt der normalen Sitze hatte man Luftmatratzen in die D-EHCR eingehängt, damit. Pulkowski und -Jenett abwechselnd etwas schlafen konnten, in Bangkok sollten sie wieder gegen die gewöhnlichen Sitze ausgetauscht, werden.
Der Rekordflug
16.57 Uhr Start. Noch eine Platzrunde. Die Italiener warfen begeistert ihre Hüte in die Luft. Dann führt der lange Flug ungefähr über Aegypten mit Alexandria, Arabien, Basra. Buschir am Persischen Golf - und damit ist die Ar 79 mitten über Asien, dem dritten Erdteil. Alles geht, wie es sollte. Am 31. Dezember 1938, 9 Uhr vormittags, erfolgt die Landung in Gaya, einer Stadt int nordöstlichen Teil Vorderindiens, die zwischen Benares und Kalkutta liegt. Unterwegs waren zahlreiche Höhen zu überfliegen. Zwischen Bengasi und Basra hatte die Maschine Gegenwind. Die Beratung der .Seewarte Hamburg war richtig gewesen. Die Ar 79 legte die Strecke zwischen zwei Schlecht-wettergebieten zurück. Es wurde eine Kilometerleistung erreicht, die erheblich über die vorgesehene Entfernung hinausging Der Benzin-verbrauch hatte nur 9 Liter auf 100 km betragen. Der Durchschnitt ist infolge der Gegenwindstrecke, des Sparfluges und der Steigzeiten 162 km/h. Die. T 101 hatte bei ihrem 4175-km-Flug 157 knv'h erreicht.
5. Etappe: Gaya - Bangkok
In der Nacht vom 1. zum 2. Januar 19*9 Weiterflug nach Bangkok, der Hauptstadt von Siam. Ohne Einlegung einer größeren Ruhepause wurden dabei wieder aber 2000 km im Nonstop-Flug zurückgelegt. In Bangkok herzlicher Empfang durch den deutschen Gesandten, Dr. Thomas die Spitzen vieler Behörden, Militär, Luftverkehrslinien. die deutsche Kolonie und andere. Einige Tage Aufenthalt zur Vorführung des Flugzeuges.
6. Etappe: Bangkok - Medan
Am 7. Januar 1939 wieder Non-Stop-Flug von Bangkok über Burma und dann das offene Meer nach Medan auf Sumatra. Der Zwischen-landeplatz Penang wurde ausgelassen.
7. Etappe: Medan - Batavla - Soerabaja - Bali
In einem Besuchsflug geht es dann von Sumatra über Java, die Inselbrücke Niederländisch-Indiens, nach Südost, nach Bali.
8. Etappe: Bali - Port Darwin
Wieder eine besondere Leistung am 14. Januari Gesamtstrecke 1800 km ohne Zwischenlandung, davon 800 km über die offene Timor-see. Glatte Landung in der Hafenstadt Port Darwin. Der australische und damit der vierte Kontinent ist erreicht.
9. Etappe: Port Darwin - Cloncurry
Arn 15. Januar 1500 km im Non-Stop-Flug. Cloncurry liegt ungefähr an der Südspitze der großen nordaustralischen Bucht, des Carpentaria Golfes.
10. Etappe: Cloncurry - Sydney
Am 16. Januar Non-Stop-Flug von über 2000 km Länge quer durch den australischen Kontinent. Orientierung schwierig, da die Strecke über den australischen Busch und dann über dünn oder gar nicht besiedelte Gebtete führt Planmäßige Landung in Sydney, nach einem Flug, der durch sehr unangenehme Schlechtwetterzonen geführt hatte. Begeisterter Empfang und viertägiger Aufenthalt.
11. Rückflugetappe: Sydney - Cloncurry
Am 21; Januar wird der australische Kontinent in umgekehrter Richtung zum zweitenmal im Ohnehaltflug überquert.
Es ist erstaunlich, was Besatzung und Flugzeug bisher geleistet haben. Man muß bei diesem riesigen Flug, der - auch mit absolutem Maßstab gemessen - etwas Einmaliges darstellt, bedenken, daß es sich bei der Ar 79 nur um ein kleines, sportliches Kabinenreiseflugzeug mit zwei nebeneinanderliegenden Sitzen handelt, in das ein Motor von nicht mehr als 105 PS Leistung eingebaut ist. Es darf allerdings nicht unerwähnt gelassen_ werden, daß gerade dieser Motor, der Hirth HM 504 A 2, wesentlich zu dem bisherigen Gelingen des Unternehmens beigetragen hat Das gleiche gilt für die Benzin- und Oelbereitstellung durch die Shell und die Intava. Auf allen vorgesehenen Plätzen, selbst auf den kleinsten, konnte die Besatzung nach einem vorher festgelegten Plan den richtigen Brennstoff und Grünring-Oel tanken.
Der Weiterflug wird im Zickzack über Niederländisch-Indien, den Malaiischen Archipel bis hinauf zu den Philippinen nach Manila auf der Insel Luzon südlich von Formosa, dann über Borneo und Sumatra wieder nach Bangkok führen. Allein auf diesem Teilstück der Gesamtstrecke sollen über 10 000 km zurückgelegt werden. Der ganze Ferne Osten bringt, laufend in Presse und Rundfunk ausführliche Nachrichten über den Stand des Fluges, und überall will man das "Wunderflugzeug" sehen.
Auf dem vorgesehenen Flugweg über Celebes, Borneo, Manila, Balik Papan erreichte die Maschine Soerabaja und ist inzwischen nach Batavia weitergeflogen. Die Timor-, die Molukken- und Celebessee, die Makassar-Straße und die Javasee waren Meerstrecken von vielen 100 km Länge, die ebenso zuverlässig wie die bisherigen Etappen zurückgelegt wurden. Ueberall wird Pulkowski und Jenett, die jetzt auf dem Rückflug sind und sich etwas mehr Zeit lassen, ein herzlicher und begeisterter Empfang bereitet