In der Zeit vom 22. ha 2ß. Februar fand der Oasenflug 1937
nach einjähriger Paus wieder Blatt. Der vom Aegypiischea Aero- Club ausgeschriebene Weitibewerb keinerlei Grenzen für die Ausschreibung vor. Die Wertung selbst erfüllt nach folgender
Formel:
N = 100 (6 v/V + 12 P/p + 4 d/D + C/20)
wobei
N die Zahl der Punkte.,
V die Höchstgeschwindigkeit des besten Teilnehmers,
v die Geschwindigkeit des zu bewertenden Teilnehmers.
P der niedrigste Benzinverbrauch pro Passagiermeile des besten
Teilnehmers,
p der Verbrauch des zu bewertenden Flugzeuges,
D Bester Flugbereich eines Teilnehmers,
d Flugbereich des zu bewertenden Teilnehmerflugzeuges,
C Zahl der angeflogenen Punkte (Konstante)
bedeuteten.
Daneben wurden in einer technischen Vorprüfung die Reise-bequemlichkeit, Sicherheit etc. bewertet. Der Flug selbst zerfiel in zwei völlig getrennte Veranstaltungen, den Oasenrundflug und den Geschwindigkeits flug. Deutsche Teilnehmer finden wir seit Jahren beim Oasenflug, vornehmlich den Afrikaflieger Karl Schwabe. So war es selbstversrständlich daß auch diesmal wieder deutsche Flugzeuge mit auf der Meldeliste standen, die beim Start folgende 41 Teilnehmer zählte:
Deutschland (4 Flugzeuge): Otto Thomsen (BFW-Me 108b), W. v. Gronau (BFW-Me 108b). Frhr. Speck v. Sternburg (Junkers Ju 86), Karl Schwabe (Klemm Kl 32)
Aegypten (5): Ahmed Salem (Leopard Moth), Frl. Lotfa el Nadi (Hornet-Moth). Prinz Omar Halim (Miles Hawk Major), Abbas Halim (Waco C 6), A. Nagi (Avro 641)
Belgien (2): Guy Hansez (Caudron-Simoun), J. M. Provost (Leopard-Moth)
England (9): F. Butler (Hornet-Moth), E. Spratt (Miles Falcon). J. Hargreaves (BA Eagle), V. A. Budge (Miles Hawk Major), J. Mathew (Miles Hawk Major). J. Heber Percy (Puss-Moth). P. Aldruch Blake (Percival Vega Gull). Frl. M. u. S. Glass (de. Havilland Moth , Miss Lily Dillon (BA Swallow)
Frankreich (10): Jean Lumiére (Caudron - Simoun), G. Morizot (Caudron - Aiglon), H. Egernich (Leopard - Moth), E. Wattine (Caudron-Simoun), A. Masset (Caudron-Aiglon), Frau G. le Oelley du Manoir (Caudron - Aiglon), de Chateaubrun (Perctval - Vega Güll), Marquis de Saurez d'Aulun (Caudron - Aiglon). Hirsch- Ollendorf (Percival-Vega Güll), A. Boulenger (Farman 403).
Italien (3): G. Zapetta (Nardi FN 305), V. Biani (Ghibi-Zweimotorer), S. Santini (Ghibi)
Österreich (I): Otto Mendel (BFW-Me 108b)
Polen (1): J. Drzcwiecki (RWD 13)
Rumänien (1): Prinz Bibesco (Potex 56 Zweimotorer)
Syrien (I): B. Gagey (Farman 402)
Tschechoslowakei (4): Smela (BE 51). Kutloch (Praga E 114-Bahy), Ambruz (Zlin XII), Fuksa (Zlin XII)
Der Schilderung des Flugverlaufes sei die Unterredung zugrunde gelegt, die unser Mitarbeiter mit den 2. Siegern Thomsen-Dempewolf nach deren Rückkehr in Augsburg hatte.
Beide Flieger waren zusammen mit v. Gronau von Augsburg aus gestartet. In München warteten sie günstiges Wetter ab, um den .Sprung über die Alpen durchzuführen, der sie über Pisa nach Rom brachte. Trotz schlechten Wetters flogen beide Besatzungen am 14. Februar wieder ab. Von Gronau als Seeflieger suchte über dem Meer besseres Flugwetter und kam bis Karthago. Thomsen aber blieb Über Land und kam bis Neapel, wo er und viele andere Teilnehmer auch am 15. durch Startverbot aufgehalten wurde. Ein Besuch Venedigs und des Vesuvs entschädigte einigermaßen. Am 16. wurde Neapel-Palermo und die 150 km Wasserstrecke bis Tunis geflogen, wo inzwischen auch v. Gronau eingetroffen war. Weiter- flug geht es dann über Tunis - Tripolis - Syrthe (Uebernachtung) - Bengasi - Alexandrien (Uebernachttung) nach Almaza, dem Flug-hafen von Kairo.
Hier begann am 22. die technische Prüfung. Am 23. gab der Präsident des Aegyptisehen Aero-Clubs, Mohamed Taher Pascha, den Start frei. 41 Flugzeuge gingen auf die 2300 km lange Strecke. Erst führte der Rundflug von Kairo nach der Wendemarke. Ghobit am Suezkanal. In Hurghada wurde zwischengelandet, wo Prinz Omar Halim sein Fahrgestell beschädigte und als erster ausfiel. Ueber Luxor (Wendemarke) hinweg wurde Assuan als Tagesziel erreicht, 810 km. Am zweiten Tag war die 180 km lange Strecke Assuan-Luxor zurückzufliegen. Wenn in Assuan bereits die prächtigen Nilstaudämme von den Fliegern besichtigt wurden, so gab der nun folgende dritte Ruhetag Gelegenheit, die Königsgräber in Luxor zu besichtigen, was von den Besatzungen entsprechend ausgenützt wurde.
Jede Maschine hatte - um Gutpunkte zu erhalten - möglichst hohes Fluggewieht geladen. Die Ju flog mit. elf Personen, Thomsen hatte drei Personen und entsprechendes Gepäck an Bord. Kein Wunder, daß die Maschinen dann schwer hochkamen und Fahrgestellbrüche vorkamen. So hatte Thomsen einmal Mühe, seine Me 108 hochzubringen. Der Flugplatz war schon zu Ende, und immer noch rollte die Maschine. Da kam eine Telephonleitung am Flugplatzrand, unter der Thomsen durchrollte und dann die Maschine hochriß, gerade noch in letzter Minute.
Am vierten Tag war Start zum Oasenrundflug, der 1105 km Ober die Oasen Junction (Wendemarke) - El Kharga (Wendemarke) - Dakhla (Landung) - Farafra (Wendemarke) - Baharia (Landung) nach Kairo führte. Dabei hatte der Deutsche Karl Schwabe das Pech, in Dakhla seine Klemm am Fahrwerk zu beschädigen, so daß bei der nächsten Landung ein Ueberschlag unausbleiblich schien. Bei dem nächsten Zwangslandeplatz zeigte nun Schwabe, daß er ein hervorragender Sportler ist, was auch von den ausländischen Zeitschriften und Zeitungen lobend hervorgehoben wurde. Er wußte, daß er bei der Landung seine Maschine beschädigen würde und diese dann für die nach ihm landenden Teilnehmer ein starkes Hindernis bedeuten würde. So entschloß er sich, außerhalb des Flugplatzes zu landen, wobei die Klemm einen Ueberschlag machte, der eine starke Beschädigung hervorrief, Schwabe aber unverletzt ließ. Die Orientierung während des Fluges war sehr schwierig, versicherten beide Flieger, da die Karten mangelhaft waren und die Landschaft sich durch die Sandverwehungcn dauernd veränderte. Man mußte immer mit dem Finger auf der Karte „mitfahren". Es wurden Karten im Maßslab 1:1 Million benutzt, während wir in Deutschland 1:300 000 besitzen. Immer wieder betonten die Flieger, daß bei dem Oasenrundflug die Rtnrt-schwierigkeiten dadurch erschwert wurden, daß die Plätze an sich zum großen Teil sehr ungünstige Bodenverhältnisse aufweisen und der Wüstensand überaus hemmend beim Start wirkte. Umgekehrt konnte nie mit reinem Vollgas gestartet werden. 80prozcntigc DrossolOffnung war das Gegebene. Die Landungen waren dagegen insofern einfacher, als die Maschinen durch .den Sand im Auslauf gebremst wurden. Der Flug brachte noch weitere Ausfälle. Fuksa beschädigte seine Zlin XII in Dakhla, Wattino hatte in Luxor Motorschwierigkeiten an seiner Simoun. Gagey mußte in Assuan mit seinem Far- man 402 aufgeben. Das Praga-Raby kam in Hurgada schwer hoch und wurde bei einer Notlandung in Khozan, nahe Luxor, beschädigt. Der siebente Ausfall war Butler (Hornet-Moth) durch Disqualifikation.
34 Teilnehmer, als erster Lt. Heber-Percy auf Puss-Moth trafen wieder in Kairo ein. wo nun sofort, zum Geschwindigkeitsrennen gerüstet wurde, das nur solche Flieger mitmachen durften, die den Oasenrundflug bestritten hatten. Sieben Maschinen meldeten. Die Rundstrecke von 166 km war dabei dreimal zu durchfliegen. Erster wurde der Italiener Zapetta auf Nardi 305, Zweiter Hansez auf Simoun, Dritter Lumiere auf Simoun vor Thomsen auf Me 108b. Bei den Frauen setzte sich Miss Dillon - England (BA Swallow) vor Frl. du Manolr (Aiglon).
Nach einigen Tagen wurde im Hotel „Heliopolis in Kairo das Ergebnis bekanntgegeben :
1. Freiherr Speck v. Sternburg, Hauptmann v. Blomberg. Hauptmann v. Salomon, Funker Posner, auf Junkers Ju 86, 2521 Punkte Preis RM. 3100 und Pokal
2. Otto-R. Thomsen-Dempewolf auf BFW-Me 108b, 2292 Punkte RM. 2500
3. Guy Hansez auf Caudron-Simoun (Belgien) 2282 Punkte RM. 1875
1W, v. Gronau auf BFW-Me 108b, 2245 Punkt* RM. 1250
5. P. G. Aldricb-Rlakc auf Percivnl-Vcga Güll (England) RM. 1000
6. De Chatenubrun auf PcreivaL-Vega Güll (Frankreich) RM. 750
7. Ambnis auf Zlin XII (Tschechoslowakei) RM. C20
8. Ahmed Salem auf Leopard Moth um! mit gleicher Punktzahl J. Lumiere aus „Simoun" je RM. 250
(Bei den Preisen wurde ein Ägyptisches Pfund mit RM. 12.50 angenommen.)
Interessant ist nicht zuletzt das Ergebnis der Prüfung auf Reisebequemlichkeit u. dergl.. bei der die beiden BFW Me 108 die ersten Platze belegten. Dritte wurde die Zweimotoren Potez 56. Vierte die Ju 86 und Fünfte die Farman 40.
Die Ergebnisse vom Geschwindigkeitsweltbevverb sind:
1.. Zapetta auf FN 305, Geschw. 297,74 km/h, Preis RM. 750 und Pokal.
2. Guy Hansez auf Simoun, Geschw. 283.25 km/h. Preis RM. 500.
3. J. Lumiere auf Simoun, Geschw. 275.20 km/h. Preis RM. 375.
4. Otto R. Thomsen auf Melo 8 „Taifun" 869,87 km/h, RM. 250.
Der Sieg der Ju 86 war ein Sieg des technischen Fortschrittes, denn die mit Dieselmotoren ausgerüstete Maschine mußte infolge des niedrigeren Verbrauches siegen. Es soll damit die bestimmt hohe Leistung der Besatzung nicht geschmälert werden. Vom fliegerischen Standpunkt schwieriger war der Sieg der 2. Preisträger Thomsen und Dempewolf. Sio hatten eine einmotorige Maschine, keinen Funker an Bord, hatten 700 kg zugeladen, so daß das Fluggewicht auf 1480 kg stieg. Aber der tapfere As 10c zog wacker, trotz Sand und Hitze, die am Boden zirka 45 Grad betrug.
Während v. Gronau nach dem Flug noch einen Abstecher nach Kapstadt unternahm, flogen Thomsen und Dempewolf in die Heimat, um über Lydda (wo sie als erste Hakenkreuzflieger in Palästina landeten) - Damaskus - Istanbul - Sofia - Belgrad - Budapest nach München. Bei ihrer Landung war auch Reichsminister Rud. Heß anwesend, der die Oasenflieger beglückwünschte und sich von ihnen Näheres über den Verlauf des Fluges berichten ließ.
Bei einem gemütlichen Plauderstündchen im „3 Möhren" in Augsburg berichteten nun die beiden Flieger von den Leistungen ihrer „Me" und den Schwierigkeiten des Fluges. Wir haben versucht, unseren Lesern einen Ürberblick zu geben und wollen nun kurz noch einiges über die beiden Flieger selbst sagen. Luftsporthauptführer Thomsen ist Bayer, stammt aus dem Steigerwald, war Im Kriege Kampfflieger. Nach Friedensschluß blieb er bei der Luftfahrt. Seit 10 Jahren ist er in Berlin, zeitweise war er Fluglehrer bei der Deutschen Sportflug G. m. b. H., wo er auch Elly Rosemeyer-Beinhorn ausbildele. Heute ist er im Stabe des Reichsluftsportführers. Sein Name ist in der Öffentlichkeit durch Teilnahme an zahlreichem deutschen und ausländischen Flugwettbewerben bekanntgeworden.
Nicht minder erfolgreich ist Dempewolf, mit dem Thomsen eine so erfolgreiche Fliegerche geschlossen hat. Dempewolf ist Niedersachse und seit Jahren schon Pilot. Langstreckenflüge sind so sein Lieblingsgebiet. Alle vier Europarundflüge hat er mitgemacht., 1929 und 1930 mit. Siebel, 1932 mit Morzik und 1934 mit Seidemann (bestbewertetes deutsches Flugzeug). In Italien hat er 1930 mit Notz und 1931 mit Siebe] den Rundflug erfolgreich bestritten. Als Pilot flog er 1930 den Rheinland-Befreiungsflug und 1933 und 1934 den Deutschlandflug. Gewiß eine stattliche Reihe schwerster Prüfungen, die an Mann und Maschine höchste Anforderungen gestellt haben.